25 Jahre Dauerausstellung in der Altenkunstadter Synagoge / Mitglieder der Interessengemeinschaft im gesamten Landkreis

Seit 25 Jahren dient die Synagoge der Gemeinde Altenkunstadt für Vorträge, Ausstellungen und Konzerte. Am 15. Oktober 1993 wurde bei einem Festakt die Synagoge als Stätte der Kultur, der Begegnung und des Gedenkens eröffnet. Auf der ehemaligen Frauenempore erinnert seitdem eine Dauerausstellung an die 700-jährige Tradition der Juden am Obermain. Zunächst zusammen gestellt und betreut von Josef Milz, nach seinem Tod von Inge Goebel weiter geführt und immer wieder neu konzipiert. Seit fünf Jahren werden dort auch Exponate aus dem Genisa-Fund präsentiert, den man auf dem Dachboden der Synagoge geborgen hatte. Bei den Juden war es nämlich Brauch, religiöse Gegenstände, die unbrauchbar geworden waren, nicht einfach wegzuwerfen, sondern sie im Gotteshaus zu hinterlegen.

Thora-Rolle ist Schmuckstück der Dauerausstellung

Einen großen Raum nehmen Objekte ein, die einen Einblick in das jüdische Alltagsleben geben, in Verwaltung, Schule und Handel. Das älteste Schriftstück stammt aus dem Jahr 1566, die jüngsten Funde aus der Zeit um 1870. Das „Schmuckstück“ unter den Ausstellungsgegenständen ist eine in hebräischer Sprache verfasste Thora-Rolle, die auch im Gottesdienst benutzt werden konnte. Zu sehen gibt es ebenso Gebetbücher für Erwachsene und Kinder, die Gebetsriemen, den Gebetsmantel des letzten Burgkunstadter Rabbiners sowie Sachen, die für den Sabbat und für jüdische Feste benötigt wurden.

Besucher aus der ganzen Welt

In den letzten Jahrzehnten fanden oft pro Jahr um die 20 Führungen in der ehemaligen Synagoge statt. So besuchten die Nachkommen ehemaliger Altenkunstadter Juden, die jetzt auf der ganzen Welt verstreut sind, diese Dauerausstellung. Sie konnten auf den Spuren ihrer Eltern und Großeltern wandeln und durch so manche Exponate die Welt ihrer Vorfahren neu erleben. Ebenso kamen immer wieder Schulklassen aus den Schulen des Landkreises und aus das angrenzenden Regionen und lernten bei den Führungen das frühere jüdische Leben der Juden am Obermain kennen.

Von den Nazis verwüstet

Das Gebäude wurde 1726 errichtet. Gut 200 Jahre war es der Mittelpunkt der jüdischen Gemeinde im Ort. In der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die gesamte Inneneinrichtung der Synagoge zerstört. Das Gotteshaus abzubrennen traute man sich nicht, denn das Feuer hätte auf christliche Gebäude übergreifen können. Nach diesem schrecklichen Ereignis sei die Synagoge an die politische Gemeinde zwangsverkauft worden.

Am Morgen des 24. April 1942 führte der Altenkunstadter Polizeidiener die 13 verbliebenen Juden zum Bahnhof nach Burgkunstadt. Zwei Monate später wurden sie in den Gaskammern von Belzec und Sobibor ermordet. Mit diesen Verbrechen endet die 700-jährige Geschichte der jüdischen Gemeinde von Altenkunstadt.

In der Synagoge wurden zunächst belgische und französische Kriegsgefangene untergebracht, bevor es Flüchtlingen und Vertriebenen als Unterkunft diente. In der Nachkriegszeit haben auch Schule und Vereine das ehemalige jüdische Gotteshaus als Turnhalle genutzt. Später machte die Gemeinde daraus einen Lagerraum und eine Kfz-Halle.

30 Jahre Interessengemeinschaft Synagoge

Josef Motschmann veröffentlichte vor 30 Jahren im Jahr 1988 das inzwischen vergriffene Buch „Es geht Schabbes ei“ – vom Leben der Juden in einem fränkischen Dorf. Des weiteren beleuchtete er in weiteren Büchern, vielen Aufsätzen und Vorträgen das Leben der Juden in unserer Region am Obermain.

Ebenso seit dreißig Jahren gibt es in Altenkunstadt die „Interessengemeinschaft Synagoge“. Frauen und Männer hatten sich zu dieser Gemeinschaft zusammen geschlossen, um durch eine Renovierung das Synagogengebäude wieder mit Leben zu erfüllen. Der Anlass der Gründung war der 50. Jahrestages der Reichspogromnacht im Jahr 1988. Zusammen mit der Gemeinde Altenkunstadt wagte man sich an die Restaurierung des historischen Bauwerks. Bürgermeister Eugen Braun und die große Mehrheit des Gemeinderates setzten diese Überlegungen schließlich in den Jahren 1991 bis 1993 im Rahmen der Renovierungsarbeiten in die Tat um.

Die zur Zeit 70 Mitglieder der Interessengemeinschaft sind nicht nur Einheimische, sondern vor allen Personen, die sich im ganzen Landkreis und in den Nachbarlandkreisen für die jüdische Geschichte interessieren und somit die Initiative gerne unterstützen. Gegründet wurde die Initiative von Josef Motschmann, der bis zu seinem Tode vor knapp zwei Jahren als Vorsitzender die Interessengemeinschaft leitete. Seither leitet Inge Goebel die  Interessengmeinschaft kommissarisch.

Vorträge, Studienfahrten und Gedenkfeiern auf dem Jüdischen Friedhof

In den vergangen drei Jahrzehnten setzte die Interessengemeinschaft viele Veranstaltungen und Initiativen um, an denen sich gerne die Bürger aus dem gesamten Landkreis Lichtenfes beteiligten. So wurden neben Vorträgen und Konzerte regelmäßig Studienfahrten veranstaltet. Die letzte führte nach Breslau, Auschwitz und Krakau. Zur Erinnerungskultur haben auch die alljährlichen Gedenkfeiern auf dem Jüdischen Friedhof am Ebnether Berg bei Burgkunstadt beigetragen. Ebenso wird ein Gedenkmarsch am 24. April, der an die Deportation der Juden erinnern soll, durchgeführt. Dieser findet seit 1992 alle zehn Jahre statt. Hier laufen die Teilnehmer schweigend ein Stück des Weges der Juden, den sie am 24. April 1942 als ihren letzten Weg durch Altenkunstadt zum Bahnhof gehen mussten.

Verantwortung für die Zukunft

Vor fast fünf Jahren kam auf Einladung der Interessengemeinschaft Synagoge Charlotte Knobloch, die ehemalige Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, zu Besuch. Mit den Worten: „Ihr habt die Verantwortung für die Zukunft – dafür zu sorgen, dass man die Werte respektiert“ hat die Holocaust-Überlebende mit Schülern und Erwachsenen über ihre Vergangenheit, aber auch über die Zukunft jüdischen Lebens in Deutschland gesprochen. Leider sind diese mahnenden Worte in der heutigen politischen Situation aktuell und werden es wohl auch in der Zukunft bleiben.

Andreas Motschmann

 

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